2023 & 2024
Dissertation, RWTH Aachen University, 2023
Druckausgabe: 2023. - Auch veröffentlicht auf dem Publikationsserver der RWTH Aachen University 2024
Genehmigende Fakultät
Fak05
Hauptberichter/Gutachter
;
Tag der mündlichen Prüfung/Habilitation
2023-10-12
Online
DOI: 10.18154/RWTH-2023-11377
DOI: 10.2370/9783844092974
URL: https://publications.rwth-aachen.de/record/974487/files/974487.pdf
Einrichtungen
Thematische Einordnung (Klassifikation)
DDC: 620
Kurzfassung
Die Rückgewinnung von Phosphor aus kommunalem Klärschlamm ist in Deutschland ab dem Jahr 2029 gesetzlich vorgeschrieben. Diese Pflicht dient der Verbesserung der Nutzungseffizienz des Nährstoffs Phosphor innerhalb einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft sowie der Senkung der hohen Importabhängigkeit von anderen Ländern. Da Klärschlamm als Schadstoffsenke neben Nährstoffen auch eine Vielzahl unerwünschter Bestandteile enthält, wird die landwirtschaftliche Verwertung als Option zur Nährstoffrückführung bis zum Jahr 2031 weitestgehend beendet. Zudem stehen bislang keine etablierten oder geeigneten Verfahren zur Erfüllung der Phosphorrückgewinnungspflicht zur Verfügung. Etablierte Verwertungspfade für Klärschlamm, wie die Mitverbrennung in Müllverbrennungsanlagen und Zementwerken werden zunehmend eingeschränkt, da eine nachgeschaltete Phosphorrückgewinnung in diesen Fällen nicht möglich ist. Die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken wird durch die Beendigung der Kohleverstromung ebenfalls eingeschränkt. In der Folge befindet sich eine Vielzahl von Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen in der Umsetzung. Die Monoverbrennung von Klärschlamm steht der Phosphorrückgewinnung nicht entgegen, sondern ermöglicht eine nachgeschaltete Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche, in welcher Phosphor bei der Verbrennung aufkonzentriert wird. Klärschlammasche kann unter Einhaltung der Anforderungen und Grenzwerte der Klärschlamm- und Düngemittelverordnung direkt oder als Ausgangsstoff für Düngemittel eingesetzt werden. Allerdings werden bei der Klärschlammverbrennung neben Phosphor auch zahlreiche Schwermetalle wie Blei, Nickel, Kupfer und Zink in der Asche aufkonzentriert. Weiterhin liegt Phosphor in Klärschlammasche überwiegend in schwerlöslichen und für Pflanzen nicht zugänglichen Verbindungen vor. Ohne Nachbehandlung in nasschemischen oder thermochemischen Verfahren ist der Einsatz als Düngemittel für den Großteil der Klärschlammaschen aus der klassischen Klärschlammverbrennung, welche nach Stand der Technik überwiegend in der stationären Wirbelschicht erfolgt, nicht möglich. Durch eine gezielte Verbesserung der Aschequalität während der Verbrennung, bestehend aus einer Reduktion der Schwermetallgehalte und Erhöhung der Phosphorverfügbarkeit, ist ein Verzicht auf eine zusätzliche Nachbehandlung möglich. Dieses Ziel wird durch den Ansatz des additivgestützten thermochemischen Phosphor-Recyclings verfolgt. Für die Schwermetallreduktion werden nach Stand des Wissens Alkali- und Erdalkalichloride eingesetzt. Bei der thermochemischen Klärschlammbehandlung werden unter Einsatz dieser Additive Schwermetallchloride gebildet, welche aufgrund niedrigerer Siedepunkte im Vergleich zur elementaren Form der Schwermetalle bei den vorherrschenden Verbrennungstemperaturen in die Gasphase überführt werden. Die Verbesserung der Phosphorverfügbarkeit erfolgt durch Umkristallisation bzw. Bildung neuer Phosphorverbindungen während der thermochemischen Behandlung mit Additivzugabe. Neben Alkali- und Erdalkalichloriden werden für diesen Zweck auch Karbonate und Sulfate eingesetzt. Auf Basis des Stands des Wissens wurden bestehende Forschungsdefizite abgeleitet, zu deren Behebung umfassende Untersuchungen mit dem Ziel der Erweiterung der Datenverfügbarkeit und Vergleichbarkeit sowie zur Schaffung von Erklärungsgrundlagen für die beobachteten Effekte durchgeführt wurden. Der Hauptfokus der Untersuchungen lag auf der Bestimmung der Schwermetallreduktion und Phosphorrückgewinnung während der Klärschlammverbrennung. Dazu wurden Versuche im Labormaßstab im Muffelofen durchgeführt, welche durch Tastversuche an einer großtechnischen Verbrennungsanlage mit stationärer Wirbelschichttechnik ergänzt wurden. Als Additive wurden Chloride (MgCl2, MgCl2 ∙ 6H2O, CaCl2, CaCl2 ∙ 2H2O, NaCl, KCl, NH4Cl, PVC), Sulfate (Na2SO4, K2SO4) und Karbonate (Na2CO3, K2CO3, CaCO3) eingesetzt. Die Charakterisierung der Einsatzstoffe und Klärschlammaschen erfolgte mittels Brennstoff- und Elementaranalytik, thermogravimetrischer Untersuchungen, Analysen des Ascheschmelzverhaltens und Untersuchungen zur Phosphorlöslichkeit. Ergänzend erfolgten Berechnungen zum thermodynamischen Gleichgewicht, um eine über die Analyseresultate hinausgehende Diskussion der Ergebnisse zu ermöglichen. Die Schwermetallreduktion durch Zugabe chlorhaltiger Additive bei der thermochemischen Klärschlammbehandlung wurde in den durchgeführten Laboruntersuchungen bestätigt. Mit steigender Chlorkonzentration und Behandlungstemperatur wurden zunehmende Schwermetallreduktionen erzielt. Die höchsten Reduktionen wurden unter Verwendung der Additive CaCl2, NaCl und KCl ermittelt. Zudem wurden Einflüsse auf die Überführung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors in die hergestellte Klärschlammasche beobachtet. Die Löslichkeit des Phosphors wurde unter Einsatz der meisten Additive nur in zweiprozentiger Zitronensäure verbessert. Relevante Steigerungen für die Löslichkeit in Wasser und Neutral-Ammoncitrat wurden nicht festgestellt. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse ist eine allgemeingültige Identifikation eines am besten geeigneten Additivs bzw. zu bevorzugender Behandlungsparameter nicht möglich. Die untersuchten Additive haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Eine individuelle Bewertung anhand des zu behandelnden Klärschlamms ist für die Eignung des Verfahrens daher zwingend erforderlich. Hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen und Grenzwerte der Düngemittelverordnung ist auf Grundlage der durchgeführten Untersuchungen insbesondere das Element Nickel kritisch einzustufen, welches nur durch den Einsatz von NaCl und KCl bei hohen Behandlungstemperaturen und Chlorkonzentrationen reduziert werden konnte. Allerdings bewirkten diese Parameter auch eine Abnahme des Anteils des in die Asche überführten Phosphors. Zudem konnten die in der Düngemittelverordnung geforderten Phosphorlöslichkeiten in Wasser und Neutral-Ammoncitrat nicht erreicht werden. Eine mögliche Verbesserung der Phosphorverfügbarkeit bzw. -löslichkeit, wie sie zum Teil in publizierten Untersuchungen beschrieben wird, muss daher Bestandteil weitergehender Untersuchungen zur Verifizierung des Ansatzes für die großtechnische Anwendung sein. Die Erstellung eines Konzepts zur Integration des additivgestützten thermochemischen Phosphor-Recyclings in die Klärschlammverbrennung, unter Benennung der offenen Herausforderungen, dient als Entscheidungshilfe und Vergleichsgrundlage für die weitergehende Verfahrensentwicklung. Gegenüber der klassischen Klärschlammverbrennung wurde für die Integration des thermochemischen Phosphor-Recyclings eine Steigerung der Behandlungskosten um 40–62 €/Mg bezogen auf die Klärschlammtrockenmasse bzw. um 10–16 % ermittelt. Produkterlöse wurden in dieser Betrachtung aufgrund der noch offenen Herausforderungen nicht berücksichtigt.The recovery of phosphorus from municipal sewage sludge will be legally required in Germany from 2029. This obligation serves to improve the utilization efficiency of the nutrient phosphorus within a sustainable and resource-efficient circular economy as well as to reduce the high import dependency on other countries. Since sewage sludge, as a pollutant sink, contains both nutrients and a variety of undesirable components, agricultural utilization as an option for nutrient recirculation will be largely stopped by the year 2031. In addition, no well-established or suitable processes are available to fulfill the phosphorus recovery requirements to date. Established treatment pathways for sewage sludge, such as co-incineration in waste-to-energy plants and cement plants, are increasingly restricted because downstream phosphorus recovery is not possible in these cases. Co-incineration in coal-fired power plants is also limited due to the phase-out of coal-fired power generation. As a result, a large number of sewage sludge mono-incineration plants are being realized. The mono-incineration of sewage sludge does not hinder phosphorus recovery, but enables downstream phosphorus recovery from sewage sludge ash, in which phosphorus is enriched during incineration.Sewage sludge ash can be used directly or as a feedstock for fertilizers, if the requirements and limits of the Sewage Sludge and Fertilizer Ordinance are complied with. However, during sewage sludge incineration, numerous heavy metals such as lead, nickel, copper and zinc are accumulated in the ash in addition to phosphorus. Furthermore, phosphorus in sewage sludge ash is predominantly present in poorly soluble compounds that are not accessible to plants. Without post-treatment in wet-chemical or thermochemical processes, the majority of sewage sludge ash from conventional sewage sludge incineration, which according to the state of the art is predominantly carried out in the stationary fluidized bed, cannot be used as a fertilizer. A specific improvement of the ash quality during incineration, consisting of reduction of the heavy metal content and increase of the phosphorus availability, makes it possible to dispense with additional post-treatment. This is the aim of the additive-assisted thermochemical phosphorus recycling approach. According to the current state of knowledge, alkali and alkaline earth chlorides are used for heavy metal reduction. During thermochemical sewage sludge treatment, heavy metal chlorides are formed using these additives, which are transferred to the gas phase at the prevailing incineration temperatures due to lower boiling points compared to the elemental form of the heavy metals. Phosphorus availability is improved by recrystallization or formation of new phosphorus compounds during thermochemical treatment with additive addition. Besides alkali and alkaline earth chlorides, carbonates and sulfates are also used for this purpose. On the basis of the current state of knowledge, existing research deficits were identified, and comprehensive laboratory investigations were carried out to remedy these deficits, with the aim of expanding data availability and comparability and establishing a basis for explaining the observed effects. The main focus of the investigations was on the determination of heavy metal reduction and phosphorus recovery during sewage sludge incineration. For this purpose, laboratory-scale tests were carried out in a muffle furnace, which were supplemented by trial tests at a full-scale incinerator with stationary fluidized bed technology. Chlorides (MgCl2, MgCl2 ∙ 6H2O, CaCl2, CaCl2 ∙ 2H2O, NaCl, KCl, NH4Cl, PVC), sulfates (Na2SO4, K2SO4), and carbonates (Na2CO3, K2CO3, CaCO3) were used as additives. The feedstocks and sewage sludge ashes were characterized by means of fuel and elemental analyses, thermogravimetric investigations, analyses of ash melting behavior and investigations of phosphorus solubility. In addition, thermodynamic equilibrium calculations were performed to enable a discussion of the results beyond the analytical results. The reduction of heavy metals by the addition of chlorine-containing additives during thermochemical sewage sludge treatment was confirmed in the laboratory tests carried out. Increasing heavy metal reductions were obtained with increasing chlorine concentration and treatment temperature. The highest reductions were determined using the additives CaCl2, NaCl and KCl. In addition, influences on the transfer of phosphorus contained in the sewage sludge to the produced sewage sludge ash were observed. The solubility of phosphorus was improved using most of the additives only in two percent citric acid. Relevant increases for solubility in water and neutral ammonium citrate were not observed. On the basis of the investigation results, a generally valid identification of a most suitable additive or preferred treatment parameters is not possible. The tested additives have different advantages and disadvantages. An individual evaluation based on the sewage sludge to be treated is therefore mandatory for the suitability of the process. With regard to compliance with the requirements and limit values of the Fertilizer Ordinance, the element nickel in particular is to be classified as critical according to the investigations carried out, as it could only be reduced by the use of NaCl and KCl at high treatment temperatures and chlorine concentrations. However, these parameters also caused a decrease in the proportion of phosphorus transferred to the ash. In addition, the phosphorus solubilities in water and neutral ammonium citrate required by the fertilizer regulations could not be achieved. A possible improvement in phosphorus availability or solubility, as described in some published studies, must therefore be part of further investigations to verify the approach for large-scale application. The preparation of a concept for the integration of additive-assisted thermochemical phosphorus recycling into sewage sludge incineration, including the identification of open challenges, serves as a decision-making aid and basis for comparison for further process development. Compared to conventional sewage sludge incineration, the integration of thermochemical phosphorus recycling resulted in an increase of treatment costs by 40-62 €/Mg related to the sewage sludge dry mass or by 10-16 %. Product earnings were not considered in this analysis due to the unresolved challenges.
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(additional files)
Dokumenttyp
Dissertation / PhD Thesis/Book
Format
online, print
Sprache
German
Externe Identnummern
HBZ: HT030615823
Interne Identnummern
RWTH-2023-11377
Datensatz-ID: 974487
Beteiligte Länder
Germany