2025
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2025
Veröffentlicht auf dem Publikationsserver der RWTH Aachen University
Genehmigende Fakultät
Fak08
Hauptberichter/Gutachter
;
Tag der mündlichen Prüfung/Habilitation
2025-07-16
Online
DOI: 10.18154/RWTH-2025-06561
URL: https://publications.rwth-aachen.de/record/1015826/files/1015826.pdf
Einrichtungen
Thematische Einordnung (Klassifikation)
DDC: 330
Kurzfassung
Unternehmensinsolvenzen sind ein unvermeidlicher Bestandteil von Volkswirtschaften weltweit, beeinflusst sowohl durch internes Missmanagement als auch durch externe Schocks. Obwohl Insolvenzen häufig als Zeichen des Scheiterns wahrgenommen werden, können sie auch Chancen für eine strategische Neuausrichtung bieten. Rechtliche Rahmenwerke wie Chapter 11 des US-Insolvenzrechts ermöglichen es Unternehmen, Schulden und Geschäftsabläufe zu reorganisieren, anstatt liquidiert zu werden. Dieser Prozess erfordert die Zustimmung von Gläubigern und Gerichten und ermöglicht es Unternehmen, als wirtschaftlich tragfähige Einheiten wieder aufzutreten. Der Erfolg von Chapter 11 kann kurzfristig – gemessen am erfolgreichen Überleben – und langfristig – hinsichtlich der finanziellen Tragfähigkeit und des Überlebens nach der Insolvenz – bewertet werden. Während etwa zwei Drittel der Unternehmen aus Chapter 11 hervorgehen, kämpfen viele weiterhin mit Rentabilitätsproblemen, und rund 30 % müssen erneut Insolvenz anmelden. Diese hohen Misserfolgsquoten wirken sich negativ auf verschiedene Interessengruppen aus, darunter Gläubiger, Mitarbeitende und Investoren. Daher ist die Identifikation von Erfolgsfaktoren für eine gelungene Reorganisation entscheidend. Diese Dissertation untersucht diese Erfolgsfaktoren anhand von vier Forschungsarbeiten, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Unternehmensentwicklung nach der Insolvenz beleuchten: Die erste Forschungsarbeit mit dem Titel „Post-Bankruptcy Performance: A Systematic Literature Review on the Performance of U.S. Firms after Emerging from Chapter 11 Bankruptcy“ analysiert die bestehende Literatur zu Unternehmensergebnissen nach der Insolvenz. Sie zeigt auf, wie heterogen der Begriff des „Erfolgs“ nach der Insolvenz definiert wird – etwa anhand von Wiederanmeldungsraten, finanziellen Kennzahlen oder Aktienkursentwicklungen. Die Analyse zeigt, dass größere Unternehmen mit niedrigerer Verschuldung vor der Anmeldung höhere Erfolgswahrscheinlichkeiten haben. Der Einfluss von CEO-Wechseln, Dauer des Insolvenzverfahrens und vorbereiteten Verfahren („prepackaged filings“) bleibt hingegen unklar. Die Studie spricht sich für eine Standardisierung von Erfolgskennzahlen und eine verbesserte Datenverfügbarkeit aus und identifiziert Forschungslücken, etwa in Bezug auf den Einsatz fortgeschrittener Analysemethoden wie Machine Learning oder eine tiefere Analyse von Corporate-Governance-Faktoren. Die zweite Forschungsarbeit, „A Primer on Chapter 11 Bankruptcy Filings: Why the Genders of the CEO and Judge (May) Matter“, untersucht den Einfluss des Geschlechts von CEOs und Richtern auf die Ergebnisse von Chapter 11-Verfahren. Die Ergebnisse legen nahe, dass von Frauen geführte Unternehmen unter männlichen Richtern geringere Chancen auf ein erfolgreiches Wiederauftreten haben, unter weiblichen Richtern hingegen bessere. Dies deutet auf eine Ähnlichkeitsverzerrung („similarity bias“) in der gerichtlichen Entscheidungsfindung hin. Die Studie unterstreicht die Bedeutung richterlicher Diversität und den Handlungsbedarf bei geschlechtsspezifischen Ungleichheiten im Restrukturierungsprozess. Die dritte Forschungsarbeit trägt den Titel „Dictionaries for Post-Bankruptcy Success Prediction: A Machine Learning Approach“ und verwendet Machine-Learning-Methoden zur Analyse von Reorganisationsplänen. Ziel ist die Entwicklung eines insolvenzspezifischen Wörterbuchs zur Vorhersage des Überlebens nach der Insolvenz. Die Ergebnisse zeigen, dass diese textbasierten Modelle herkömmlichen finanziellen Kennzahlen oder bestehenden Textanalyse-Wörterbüchern hinsichtlich Vorhersagegenauigkeit überlegen sind. Begriffe im Zusammenhang mit Management, Arbeitnehmervertretung oder Forderungsarten erweisen sich als besonders aussagekräftige Indikatoren. Insgesamt trägt die Arbeit zur Weiterentwicklung prädiktiver Modelle bei und liefert wertvolle Instrumente für Gläubiger, Gerichte und Investoren zur Bewertung von Zukunftsaussichten nach Chapter 11.Die vierte Forschungsarbeit mit dem Titel „Rebranding During Distress: The Long-Term Effect of Corporate Name Changes During Chapter 11 on Post-Bankruptcy Outcomes“ analysiert die Auswirkung von Namensänderungen während der Insolvenz auf das langfristige Überleben von Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen, dass signifikante Namensänderungen die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Insolvenz verringern. Dieser Effekt ist besonders stark bei größeren Unternehmen und solchen mit Debtor-in-Possession-Finanzierungen. Die Studie legt nahe, dass Rebranding als Signal für einen echten Wandel und Erholungswillen dienen kann – und somit ein strategisches Instrument in Krisenzeiten darstellt. Fazit: Die vier Studien vertiefen das Verständnis für die Einflussfaktoren des Erfolgs nach Unternehmensinsolvenzen, indem sie auch unkonventionelle Aspekte wie strategische Entscheidungen und gerichtliche Voreingenommenheiten berücksichtigen. Über klassische Finanzkennzahlen hinaus spielen diese Faktoren eine entscheidende Rolle. Zudem zeigen die Studien, wie der Einsatz von Machine Learning und Textanalyse die Prognosekraft für post-insolvenzielle Entwicklungen verbessert. Insgesamt liefern die Ergebnisse wichtige Implikationen für politische Entscheidungsträger, Juristen, Investoren und Unternehmensverantwortliche – mit dem Ziel, fundiertere Entscheidungen im Insolvenzprozess zu ermöglichen und Wiederaufbaustrategien zu verbessern.Corporate bankruptcies are an inevitable aspect of economies worldwide, influenced by internal mismanagement and external shocks. While often perceived as a sign of business failure, bankruptcies can also provide opportunities for strategic restructuring. Legal frameworks such as Chapter 11 of the U.S. Bankruptcy Code enable firms to reorganize debt and operations rather than liquidate. This process requires creditors and courts approval, allowing firms to emerge as viable entities.The success of Chapter 11 can be evaluated in both the short term, considering firm emergence, and the long term, considering financial viability and post-bankruptcy survival. While approximately two-thirds of firms emerge from Chapter 11, many face ongoing profitability challenges, and nearly 30% ultimately refile for bankruptcy. These high failure rates negatively affect various stakeholders, including creditors, employees, and investors. Therefore, identifying the determinants of successful restructuring is essential. This dissertation investigates these determinants through four research papers, each addressing different aspects of post-bankruptcy performance.The first research paper, “Post-Bankruptcy Performance: A Systematic Literature Review on the Performance of U.S. Firms after Emerging from Chapter 11 Bankruptcy,” reviews existing literature on post-bankruptcy outcomes, highlighting the heterogeneity in post-bankruptcy success measures, such as refiling rates, financial metrics, and stock performance. The review fins that while larger firms with lower pre-filing leverage have higher success rates, the impact of CEO turnover, bankruptcy duration, and prepackaged filings remains uncertain. The study advocates for standardizing performance metrics and improving data availability. Futhermore, it identifies key research gaps, including the application of advanced analytical models, such as machine learning, to enhance predictive accuracy or a more in-depth analysis of corporate governance factors.The second research paper, “A Primer on Chapter 11 Bankruptcy Filings: Why the Genders of the CEO and Judge (May) Matter,” examines the influence of CEO and judge gender on Chapter 11 outcomes. The findings suggest that female-led firms are less likely to successfully emerge from bankruptcy under male judges but more likely to emerge under female judges, indicating the presence of similarity bias in judicial decision-making. This study underscoresthe importance of judicial diversity and highlights the need to address gender-based disparities in corporate restructuring processes.The third research paper, “Dictionaries for Post-Bankruptcy Success Prediction: A Machine Learning Approach,” applies machine learning to reorganization plans to develop a bankruptcy-specific dictionary for predicting post-bankruptcy survival. The study demonstrates that these dictionary-based predictions outperform predictions based on traditional financial metrics or established textual analysis dictionaries in accuracy. The findings suggest that specific terms related to management, employee representation, and claim types serve as strong indicators of a firm's viability. Overall, the findings advance predictive modeling in bankruptcy decision-making, providing a valuable tool for creditors, courts and investors in assessing post-bankruptcy prospects.The final research paper, “Rebranding During Distress: The Long-Term Effect of Corporate Name Changes During Chapter 11 on Post-Bankruptcy Outcomes,” examines the impact of corporate name changes on firm survival after bankruptcy. The findings suggest that (substantial) name changes reduce the likelihood of refiling, with larger firms and those securing debtor-in-possession financing showing stronger effects. The study indicates that rebranding may serve as a signal of commitment to transformation and financial recovery, highlighting its potential as a strategic tool during corporate distress.Overall, the four studies enhance the understanding of the determinants of corporate bankruptcy outcomes by identifying unconventional factors that influence firm survival. Beyond traditional financial metrics, strategic decisions, and judicial biases play significant roles in post-bankruptcy success. Additionally, the application of machine-learning and textual analysis to reorganization plans improves the predictability of post-bankruptcy performance and uncovers potential factors contributing to successful Chapter 11 restructurings. In summary, all findings provide valuable implications for policymakers, legal professionals, investors, and corporate executives, contributing to more effective bankruptcy decision-making and improving firm recovery strategies.
OpenAccess:
PDF
(additional files)
Dokumenttyp
Dissertation / PhD Thesis
Format
online
Sprache
English
Externe Identnummern
HBZ: HT031255596
Interne Identnummern
RWTH-2025-06561
Datensatz-ID: 1015826
Beteiligte Länder
Germany
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