2022 & 2023
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2022
Veröffentlicht auf dem Publikationsserver der RWTH Aachen University 2023
Genehmigende Fakultät
Fak05
Hauptberichter/Gutachter
;
Tag der mündlichen Prüfung/Habilitation
2022-05-31
Online
DOI: 10.18154/RWTH-2022-10931
URL: https://publications.rwth-aachen.de/record/856570/files/856570.pdf
Einrichtungen
Inhaltliche Beschreibung (Schlagwörter)
Digitalisierung (frei) ; E-commerce (frei) ; Enträumlichung (frei) ; Internationalisierung (frei) ; Onlinehandel (frei)
Thematische Einordnung (Klassifikation)
DDC: 550
Kurzfassung
Der Onlinehandel befindet sich in einer sehr spannenden und von Veränderungen geprägten Phase. Beeinflusst durch neue Technologien (Information, Kommunikation, Transport) und starken Internationalisierungstendenzen im Handel haben sich die theoretischen, technischen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen in den letzten Jahren deutlich verändert und den Onlinehändlern neue Chancen eröffnet. Dies führte in der handelsgeographischen Forschung zu der Diskussion, ob es zu einer digitalen Enträumlichung kommt: bei der Internationalisierung von klassischen Händlern konnte gezeigt werden, dass sie zunächst in geographische und psychisch nahe Länder expandieren, bevor sie weiter entfernte Märkte erschließen oder dass zunächst keine bzw. sporadische Markteintrittsstrategien und erst im weiteren Internationalisierungsprozess intensivere Formen gewählt werden, um ein Land zu bearbeiten. Heute kann das Internet theoretisch alle nationalen Grenzen überwinden, wie Cairncross 1997 in seiner Hypothese des „Tod[es] der Distanz“ formulierte oder Friedman (2005) ging vom Ende der Geographie bzw. von Entfernungen aus. Das spricht alles dafür, dass Distanzen im Rahmen der Online-Internationalisierung keine Rolle mehr spielen und es entsprechend zu einer weltweiten, grenzenlosen Expansion kommt bzw. zu einer digitalen Enträumlichung. Erste wissenschaftliche Studien zur Online-Internationalisierung kommen hingegen zu dem Schluss, dass Distanzen bzw. Nähe auch im Onlinehandel weiter von Bedeutung sind und entsprechend keine Enträumlichungstendenzen zu erkennen sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, ob es im Rahmen der Online-Internationalisierung zu einer digitalen Enträumlichung kommt. Dafür sollen die Internationalisierungsstrategien von deutschen Onlinehändlern analysiert und erfasst werden. Dabei soll weiter untersucht werden, ob es im Onlinehandel zu neuen Zielmarkt-, Markteintritts- und Timingstrategien kommt. In einem weiteren Schritt werden Begründungen für die strategische Wahl von Onlinehändlern gesucht. Als Argumentationsgrundlage, auf der die Untersuchung basiert, werden die Annahmen der Lerntheorie der Internationalisierung nach Johanson und Vahlne (1977, 2009) herangezogen. Dabei wird überprüft, ob die Phänomene der Psychic Distance Chain und der Establishment Chain auch auf den internationalen Onlinehandel adaptiert werden können. Für die Untersuchung wurde ein Mixed-Method-Ansatz gewählt, d. h. einerseits wurde eine quantitative Untersuchung in Form einer wissenschaftlichen Beobachtung von Webseiten von 200 deutschen Onlinehändlern vorgenommen und andererseits wurde eine qualitative Untersuchung in Form von explorativen Interviews mit Onlinehändlern, Außenhandelsexperten und IT-Experten durchgeführt. Insgesamt verfolgt der Großteil der untersuchten Onlinehändler eine Online-Internationalisierungsstrategie (ca. 85 %). Hinsichtlich der (neuen) Internationalisierungsstrategien von deutschen Onlinehändlern lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen: Onlinehändler wählen meist eine diversifizierte Zielmarktstrategie und expandieren demnach mehrheitlich in mehrere Länder. Aus geographischer Sicht konzentriert sich die Expansion auf unmittelbare Nachbarländer von Deutschland bzw. auf EU-Mitgliedsstaaten. Bezogen auf die Markteintrittsstrategien kommt es zu neuen bzw. veränderten Strategien. Im Fokus steht deutlich die Exportstrategie entweder passiv über den deutschen Onlineshop oder aktiv über länderspezifische Onlineshops. Hinsichtlich der Timingstrategien weist der Großteil der Onlinehändler eine kombinierte Strategie aus schrittweisen, einzelnen und gleichzeitigen, parallelen Markteintritten auf. Anhand der Analyse der Internationalisierungsstrategien von Onlinehändlern konnte gezeigt werden, dass im Onlinehandel einerseits neue Internationalisierungsstrategien eine Rolle spielen, andererseits aber auch ähnliche Muster hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung wie im klassischen Handel vorzufinden sind – es steht weiter die Nähe zum Heimatmarkt im Fokus. Die Suche nach Begründungen für die aufgezeigten Internationalisierungsstrategien und eine fehlende digitale Enträumlichung im internationalen Onlinehandel war der Schwerpunkt der weiteren Untersuchung. Die Untersuchungsergebnisse konnten zeigen, dass sich die Onlinehändler bisher größtenteils auf die Expansion in Länder mit (sehr) geringer bis mäßiger psychischer Distanz konzentrieren (durchschnittliche psychische Distanz: 1,7-2,4). Es findet also keine weltweite Expansion entsprechend der theoretischen technischen Voraussetzungen des Internets statt, sondern der Fokus liegt eventuell gemäß der noch frühen Internationalisierungsphase von deutschen Onlinehändlern auf Märkten mit einer geringen bzw. mäßigen psychischen Distanz, was den Annahmen der Lerntheorie der Internationalisierung zur Psychic Distance Chain entspricht. Entsprechend kann das Zielmarktwahlverhalten deutscher Onlinehändler anhand des Konstruktes der psychischen Distanz erklärt und begründet werden. Hingegen können die theoretischen Annahmen der Establishment Chain nicht auf die untersuchten Unternehmensbeispiele angewendet werden und auch entsprechend nicht als Begründung für das strategische Markteintrittsverhalten herangezogen werden. In einem weiterem Untersuchungsschritt wurde zudem statistisch überprüft, welche Teilindizes des vorher erkannten psychischen Distanz-Konstruktes im Onlinehandel Einfluss auf das Internationalisierungsverhalten haben. So konnte gezeigt werden, dass eine geographische, kulturelle und institutionelle Nähe eines Auslandsmarktes zum Heimatmarkt einen positiven Einfluss darauf hat, wie häufig ein Land als Zielmarkt gewählt wird.Online retail is in a very excited phase markes by change. Influenced by new technologies (information, communication, transport) and strong internationalisation tendencies in trade, the theoretical, technical possibilities and framework conditions have changed significantly in recent years and opened up new opportunities for online retailers. This led to the discussion in trade geography research whether digital despatialization occurs: In the internationalization of classical traders it could ne shown that they first expand into geographically and psychologically close countries before entering more distant markets or that initially no or sporadic market entry strategies are chosen and only in the further internationalization process more intensive forms are chosen to work a country. Today, the internet can theoretically overcome all national borders, as Cairncross formulated in his hypothesis of the “death of distance” in 1997, or Friedman (2005) assumed the end of geography or distances. This all suggests that distances no longer play a role in the context of online internationalisation ant that here is accordingly a worldwide, borderless expansion or digital de-spatialization. Initial academic studies on online internationalisation, on the other hand, have come to the conclusion that distances and proximity continue to be important in online retailing and that no tendencies towards despatialization can be discerned. The aim of this paper is to investigate whether digital despatialization occurs in the context of online internationalization. For this purpose, the internationalization strategies of German online retailers will be analysed and recorded. In doing so, it will be further investigated whether new, target market, market entry and timing strategies are emerging in online retailing. In a further step, justifications for the strategic choices of online retailers will be sought. The assumptions of Johanson and Vahlne’s (1977, 2009) learning theory of internationalization are used as the basis of argumentation on which the research is based. It will be examined whether the phenomena of the psychic distance chain and the establishment chain can also be adapted to international online retailing. A mixed-method approach was chosen for the study, i. e. on the one hand a quantitative study in the form of a scientific observation of websites of 200 German online retailers was conducted and in the other hand a qualitative study in the form of explorative interviews with online retailers, foreign trade experts and IT experts was carried out. Overall, the majority of the online retailers surveyed are pursuing an online internationalisation strategy (approx. 85 %). With regard to the (new) internationalisation strategies of German online retailers, the following results can be summarised: Online retailers usually choose a diversified target market strategy and therefore expand into several countries. From a geographical point of view, expansion is concentrated on Germany’s immediate neighbours or on EU member states. With regard to market entry strategies, there are new or changed strategies. The focus is clearly on the export strategy, either passively via the German online shop or actively via country-specific online shops. In terms of timing strategies, the majority of online retailers have a combined strategy of gradual, single and simultaneous, parallel market entries. Based on the analysis of the internationalisation strategies of online retailers, it could be shown that, on the one hand, new internationalisation strategies play a role in online retailing, but that, on the other hand, similar patterns with regard to spatial expansion can be found as in traditional retailing – the focus continues to be on proximity to the home market. The search for justification for the internationalisation strategies shown and a lack of digital de-spatialisation in international online retailing was the focus of further investigation. The results of the research were able to show that online retailers have so far largely concentrated on expanding into countries with (very) low to moderate psychic distance. Thud, there is no worldwide expansion according to the theoretical technical requirements oft the Internet, but the focus is possibly according to the still early internationalisation phase of German online retailers on markets with a low or moderate psychic distance, which corresponds to the assumptions of the learning theory of internationalisation on the psychic distance chain. Accordingly, the target market selection behaviour of German online retailers can be explained and justified on the basis of the construct of psychic distance. On the other hand, the theoretical assumptions of the establishment chain cannot be applied to the company examples studied and accordingly cannot be used as a rationale for strategic market entry behaviour. In a further research step, it was also statistically examined which subindices of the previously identified psychological distance construct have an influence on internationalisation behaviour in online retailing. It was shown that the geographical, cultural and institutional proximity of a market to the home market has a positive influence in how often a country is chosen as a target market.
OpenAccess: PDF
(additional files)
Dokumenttyp
Dissertation / PhD Thesis
Format
online
Sprache
German
Externe Identnummern
HBZ: HT021674806
Interne Identnummern
RWTH-2022-10931
Datensatz-ID: 856570
Beteiligte Länder
Germany