2023
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2023
Veröffentlicht auf dem Publikationsserver der RWTH Aachen University
Genehmigende Fakultät
Fak07
Hauptberichter/Gutachter
;
Tag der mündlichen Prüfung/Habilitation
2023-10-11
Online
DOI: 10.18154/RWTH-2023-10489
URL: http://publications.rwth-aachen.de/record/972949/files/972949.pdf
Einrichtungen
Inhaltliche Beschreibung (Schlagwörter)
CLIL (frei) ; Chemie (frei) ; Motivation (frei) ; Naturwissenschaften (frei) ; Wortschatz (frei) ; bilingualer Unterricht (frei) ; sachfachliche Leistung (frei)
Thematische Einordnung (Klassifikation)
DDC: 370
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der fachlichen, sprachlichen und motivationalen Wirksamkeit eines bilingualen Moduls im Fach Chemie. Die Untersuchung ist als quasiexperimentelle Vergleichsstudie nach dem Pre-, Post-, Follow-Up-Test Design konzipiert. Dabei werden die Leistungen von CLIL- und nicht-CLIL-Schülern vor, nach und sechs Wochen nach Abschluss des Moduls verglichen. An der Hauptuntersuchung nahmen insgesamt sechs achte Klassen eines Gymnasiums in Nordrhein-Westfalen teil (N=149). Drei Klassen wurden bilingual unterrichtet (Untersuchungsgruppe), und drei Klassen erhielten Unterricht auf Deutsch (Kontrollgruppe). Die Stichproben in der Untersuchungsgruppe umfassten 74 Schüler, und in der Kontrollgruppe 75 Schüler. An der Pilotuntersuchung nahmen zwei achte Klassen desselben Gymnasiums teil (N=52). Insgesamt waren somit 201 Schüler an der Untersuchung beteiligt. Die Schüler verfügten über keinerlei Vorerfahrung im bilingualen Unterricht und wurden nicht auf Grund ihrer Eignung für den bilingualen Unterricht ausgewählt. Für die drei Hauptziele der Studie wurden sieben Hypothesen formuliert, die anschließend mit Verfahren der Inferenzstatistik überprüft wurden. Die Daten wurden mithilfe von zehn Tests und Fragebögen erhoben. Zunächst wurde der Frage nachgegangen, ob der bilinguale Chemieunterricht zu schwer ist und somit mit fachlichen Defiziten zu rechnen ist (Hypothese 1). Anhand der Ergebnisse der Chemietests wurden keine statistisch signifikanten Leistungsunterschiede zwischen CLIL- und nicht-CLIL-Schülern festgestellt. Die bilingual unterrichteten Schüler erzielten vergleichbare Ergebnisse wie die Regelschüler, sowohl unmittelbar nach Abschluss des Moduls als auch sechs Wochen später. Obwohl die fachlichen Leistungen der CLIL-Schüler im Durchschnitt denen der Regelschüler entsprachen, gab es deutliche Unterschiede bei einzelnen Schülern. Dabei zeigten sich statistisch signifikante Einflüsse der allgemeinen Chemie-Leistungsfähigkeit auf die Chemie-Leistung im Modul. Während bei leistungsschwachen Schülern im bilingualen Unterricht größere Defizite zu beobachten waren als im Regelunterricht, war dies bei leistungsstärkeren Schülern nicht der Fall. Im Gegenteil zeigt die Studie, dass Schüler, die besonders leistungsstark in Chemie sind, im bilingualen Unterricht sogar bessere Leistungen erzielen als im Regelunterricht. Das Englisch-Selbstkonzept hatte ebenfalls einen statistisch signifikanten positiven Einfluss auf die Chemie-Leistung im Modul. Im Rahmen der Studie wurde nicht nur der fachliche Wissenserwerb (Anforderungsbereich I) untersucht, sondern auch Leistungen in Bezug auf höhere kognitive Operationen ausgewertet (Anforderungsbereich II und III). Dabei wurde auch untersucht, ob Schüler, die am bilingualen Unterricht teilnehmen, bei kognitiv anspruchsvolleren Aufgaben besser abschneiden als Regelschüler und ob sich Vorteile in der Behaltensleistung ergeben, weil Inhalte tiefer verarbeitet werden (Hypothese 2). Statistisch signifikante Unterschiede in den Ergebnissen der Aufgaben im Anforderungsbereich II und III des Chemietests konnten jedoch nicht gefunden werden. Auch hinsichtlich des Vergessens, gemessen als Differenz zwischen den Ergebnissen des Post- und des Follow-Up-Tests, waren die Werte in beiden Gruppen nahezu identisch. Somit konnten weder eine Überlegenheit der CLIL-Schüler bei kognitiv anspruchsvolleren Aufgaben noch bessere Behaltensleistungen nachgewiesen werden. Außerdem wurde die Rolle der Fremdsprachenkompetenz für das fachliche Lernen untersucht. Es wurde vermutet, dass das fachliche Lernen unterhalb einer bestimmten fremdsprachlichen Schwellenkompetenz nicht funktioniert und deshalb bessere Ergebnisse im Regelunterricht zu erwarten sind. Außerdem wurde eine obere Grenze für Fremdsprachenkompetenz vermutet, oberhalb derer der bilinguale Unterricht zu besseren Ergebnissen führt (Hypothese 3). Für die Englischkompetenzen konnten jedoch in dieser Studie keine statistisch signifikanten, sondern nur tendenzielle Einflüsse auf die fachlichen Leistungen nachgewiesen werden. Offensichtlich genügten die fremdsprachlichen Kompetenzen der untersuchten Achtklässler, um angemessene Leistungen in den Chemietests zu erzielen. Darüber hinaus wurde untersucht, ob im Sinne einer doppelten Sachfachliteralität der deutsche Fachwortschatz von den CLIL-Schülern genauso gut beherrscht wird wie von den Regelschülern oder ob Defizite bei den CLIL-Schülern zu erwarten sind, weil der Unterricht überwiegend in der Fremdsprache erfolgt (Hypothese 4). Die Auswertung der Daten ergab keinen statistisch signifikanten Unterschied, weder im rezeptiven noch im produktiven Fachwortschatz. Vielmehr war der mittlere Zugewinn der CLIL-Schüler nur minimal kleiner als der der Regelschüler. In der Vergangenheit wurde dem bilingualen Chemieunterricht vorgeworfen, zu wenig zur Förderung allgemeinsprachlicher Kompetenzen in der Fremdsprache beizutragen, da im Unterricht überwiegend fachwissenschaftlich und abstrakt kommuniziert wird. In der vorliegenden Untersuchung wurde deshalb ermittelt, wie hoch der allgemeinsprachliche Anteil am erworbenen fremdsprachlichen Wortschatz ist (Hypothese 5). Die Ergebnisse zeigen, dass im Durchschnitt 45 neue englische Vokabeln gelernt wurden, von denen zwei Drittel dem Fachwortschatz (30 Vokabeln) und ein Drittel dem Allgemeinwortschatz (15 Vokabeln) zuzuordnen sind. Das Verhältnis zwischen dem erworbenen Fachwortschatz und dem Allgemeinwortschatz betrug somit 2:1. Obwohl der Anteil des Fachwortschatzes überwiegt, war der Zuwachs im englischen Wortschatz beachtlich und insgesamt größer als im regulären Fremdsprachenunterricht. Da mit der Einführung des bilingualen Unterrichts die Hoffnung verbunden ist, Schüler, die sich weniger für Naturwissenschaften und mehr für Sprachen interessieren, für die Naturwissenschaft zu motivieren, wurde zuletzt auch die Motivation von CLIL- und Regelschülern verglichen. Dabei ging es auch um die Frage, ob naturwissenschaftlich interessierte Lerner durch den Einsatz der Fremdsprache demotiviert werden (Hypothesen 6 und 7). Die Auswertung der Subskalen zur intrinsischen Motivation nach Deci und Ryan (2000) zeigte, dass die Mittelwerte für das Interesse am Modul sowie für die Einschätzung des Nutzens bei den CLIL-Schülern statistisch signifikant höher waren als bei den auf Deutsch unterrichteten Schülern. Der CLIL-Unterricht wurde von diesen Schülern als interessanter und nützlicher bewertet. Auch in Bezug auf den Druck und das Kompetenzerleben zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen der CLIL- und der nicht-CLIL Gruppe. Die CLIL-Schüler empfanden einen größeren Druck und fühlten sich weniger kompetent als die nicht-CLIL Schüler. Die Ergebnisse waren jedoch in allen Interessensgruppen gleich, statistisch signifikante Unterschiede gab es nicht. Betrachtet man jedoch nicht das Fremdspracheninteresse im Allgemeinen, sondern das Interesse für Englisch im Speziellen, so zeigt sich, dass dieses nicht nur mit dem Interesse am bilingualen Unterricht, sondern auch mit dem empfundenen Druck statistisch signifikant korreliert. Schüler mit ausgeprägtem Englischinteresse empfanden ein größeres Interesse am bilingualen Unterricht und weniger Druck. Auf der anderen Seite zeigte sich jedoch, dass das Chemie-Selbstkonzept negativ mit dem Druck korrelierte und Schüler einen signifikant höheren Druck im bilingualen Unterricht verspürten, wenn sie ein ausgeprägtes Selbstkonzept in Chemie hatten. Dies kann ein Hinweis auf das Vorliegen von Kontrasteffekten nach dem Internal/External-Frame-of-Reference-Modell von Marsh (1986) sein. Demnach gehen Schüler, die sich für gute Naturwissenschaftler halten, davon aus, dass sie in Fremdsprachen weniger begabt sind. In einem überwiegend in der Fremdsprache geführten Unterricht empfinden sie dann entsprechend mehr Druck.The present work focuses on the academic, (foreign) language, and motivational effectiveness of a bilingual module in the field of Chemistry. The study is designed as a quasi-experimental comparative study using a pre-, post-, and follow-up test design. It compares the performance of CLIL (Content and Language Integrated Learning) and non-CLIL students before, after, and six weeks following the module. A total of six eighth-grade classes from a North Rhine-Westphalian Gymnasium participated in the main study (N=149). Three classes were taught bilingually (experimental group), and three classes were taught in German (control group). The sample sizes were roughly equal, with N=74 in the experimental group and N=75 in the control group. Two eighth-grade classes from the same school participated in the pilot study (N=52). In total, 201 students were involved in the study. The students had no prior experience in bilingual education and were not selected based on their suitability for bilingual education. Seven hypotheses were formulated for the three objectives of the study, and they were subsequently tested using inferential statistical methods. Data was collected using ten tests and questionnaires. Initially, the question of whether bilingual Chemistry education is too difficult, leading to subject-specific deficits, was examined (Hypothesis 1). Based on the results of the Chemistry tests, no statistically significant performance differences were found between CLIL and non-CLIL students. Bilingually taught students achieved comparable results to regular students, both immediately following the module and six weeks later. Although the subject-specific performance of CLIL students, on average, matched that of regular students, significant differences were observed for individual students. The study revealed statistically significant influences of general chemistry proficiency on performance in the module. While low-performing students showed greater deficits in bilingual education compared to regular education, this was not the case for high-performing students. On the contrary, the study showed that students who excelled in chemistry achieved even better results in bilingual education than in regular education. Additionally, the students' English self-concept had a statistically significant influence on performance in the module. In the course of the study, not only was subject-specific knowledge acquisition (Cognitive Domain I) evaluated but also performance related to higher cognitive operations (Cognitive Domains II and III). It was also investigated whether students participating in bilingual education performed better in cognitively demanding tasks compared to regular students and whether advantages in memorization occurred because content was processed more deeply (Hypothesis 2). However, statistically significant differences in the results of tasks in Cognitive Domains II and III of the Chemistry test were not found. The values for forgetting, measured as the difference between the results of the post-test and follow-up test, were nearly identical in both groups. Therefore, neither the superiority of CLIL students in cognitively demanding tasks nor better memorization performance could be demonstrated.The role of foreign language competence in subject-specific learning was also examined. It was assumed that subject-specific learning does not work below a certain foreign language competence threshold and that better results are expected in regular education. Moreover, it was assumed that there is an upper limit of foreign language competence, above which bilingual education leads to better results (Hypothesis 3). However, no statistically significant influences on subject-specific performance were found for English competencies in this study. Additionally, the question of whether, in the context of dual subject-specific literacy, the German subject-specific vocabulary is as well mastered by CLIL students as by regular students, or whether deficits are expected in CLIL students because the instruction is primarily conducted in a foreign language, was explored (Hypothesis 4). The data analysis yielded no statistically significant differences in either receptive or productive subject-specific vocabulary. Rather, the average gain for CLIL students was only slightly smaller than that of regular students. In the past, bilingual Chemistry education has been criticized for not contributing enough to the development of general language competencies in the foreign language, as instruction primarily involves abstract scientific communication. Therefore, this study also investigated the extent to which general language content is part of the acquired foreign language vocabulary (Hypothesis 5). The results showed that an average of 45 new English vocabulary words were learned, two-thirds of which were specialized vocabulary (30 words), and one-third was general vocabulary (15 words). The ratio of specialized vocabulary to general vocabulary was 2:1. Although specialized vocabulary dominated, the increase in English vocabulary was considerable and, overall, greater than in language classes. With the introduction of bilingual education, the hope was to motivate students who are less interested in natural sciences and more interested in languages to engage in the natural sciences. Finally, the motivation of CLIL and regular students was compared. This also addressed whether language learners interested in natural sciences are demotivated by the use of a foreign language (Hypotheses 6 and 7). The analysis of the subscales for intrinsic motivation, as per Deci and Ryan (2000), showed that the mean values for interest in the module and perceived usefulness were statistically significantly higher among CLIL students compared to those taught in German. CLIL students rated the CLIL instruction as more interesting and useful. Statistically significant differences were also found in terms of pressure and perceived competence between the CLIL and non-CLIL groups. CLIL students felt greater pressure and considered themselves less competent compared to non-CLIL students. However, the results were the same in all interest groups, and no statistically significant differences were found. Nevertheless, when examining not the general language interest but the specific interest in English, it was found that this was significantly correlated not only with interest in CLIL instruction but also with perceived pressure. Students with a strong interest in English showed greater interest in CLIL instruction and less pressure. On the other hand, it was observed that the Chemistry self-concept negatively correlated with pressure, and students with a strong Chemistry self-concept felt significantly more pressure in CLIL instruction when they believed they were less talented in foreign languages. This may be an indication of contrasting effects according to Marsh's Internal/External Frame of Reference model (1986). Accordingly, students who consider themselves good in natural sciences assume that they are less skilled in foreign languages. In instruction primarily conducted in a foreign language, they consequently feel more pressure.
OpenAccess: PDF
(additional files)
Dokumenttyp
Dissertation / PhD Thesis
Format
online
Sprache
German
Externe Identnummern
HBZ: HT030614431
Interne Identnummern
RWTH-2023-10489
Datensatz-ID: 972949
Beteiligte Länder
Germany
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